Symbolwirkung
Die Symbolic Motor Car
Company
La Jolla, 20. August 1998
- Rennsportgeschichte
im Hinterzimmer
- Weltmarktführer
in Sachen Ferrari
- Zwei originale
Dino aus Italien
- 4- und ein
12-Zylinder mit deutscher Vergangenheit
- Ein Blick von
oben auf Morettis Siegerwagen
- Seltene Stücke
harren der Restaurierung
- Kein echtes
Museum
So manch
autobegeisterter Kalifornientourist, der mit
seinem Mietwagen den La Jolla Boulevard im
gleichnamigen exklusiven Badeort im Süden des
US-Bundesstaates entlang gecruist ist, wird sich
an den Rolls-Royce-Händler erinnern, rechter
Hand neben der Straße Richtung San Diego. Nur
wenige, besonders verrückte Autonarren, werden
deshalb angehalten haben, schließlich sieht man
die britischen Luxuskarossen in dieser Gegend
massenweise im Straßenverkehr. Hätte man seinen
klimatisierten Mietwagen trotzdem an den
Straßenrand gelenkt, um die polierten Engländer
in Augenschein zu nehmen, hätte man auch
Einblick in den zweiten, von der Straße aus
nicht einsehbaren Schauraum, erhalten.
Hier verbirgt sich
das Angebot des weltweit führenden Händlers
für historische Renn- und Sportwagen aus dem
Hause Ferrari, kurz die Symbolic Motor Car
Company.
Die Firma
von Bernie Chase, die in Insiderkreisen schlicht Symbolic
oder SMC genannt wird, hat sich in den
letzten Jahren diese führende Position
erarbeitetet. Kaum ein klassischer Renn-Ferrari
wird mehr gehandelt, ohne das Symbolic in
irgendeiner Weise daran beteiligt ist. Daß man
bei einem so großen Umsatz automatisch eine
entsprechende Anzahl Klassiker am Lager hat,
versteht sich von selbst. Für den gemeinen
Besucher, der sich einfach nur an historischem
Blech mit einer gehörigen Portion Renngeschichte
erfreuen möchte, gleicht ein Abstecher in die
heiligen Hallen von Symbolic einem Museumsbesuch.
Die Mitarbeiter freuen sich übrigens über jeden
fachkundigen Besucher, und man muß nicht als
potentieller Käufer in Erscheinung treten. Als
ich das Vergnügen hatte, im sonnigen Kalifornien
zu weilen und einen Abstecher nach La Jolla
unternahm, war ich bei weitem nicht der einzige,
der die seltenen Stücke bestaunte.
- Es waren
soviel interessante Fahrzeuge dort, daß
man gar nicht wußte, wohin man schauen
sollte. Die beiden interessantesten
Exemplare trugen allerdings gar nicht den
Namen Ferrari - zumindest nicht
offiziell. Es waren zwei Dino 206 S, die
sich beide im unberührten
Originalzustand befanden.
-
- Die
Sechszylinder s/n 0834 und s/n 018 waren
in den 60er Jahren von Ferrari selbst an
den Privatfahrer Leandro Terra verkauft
worden, der sie bei zahlreichen Rennen
einsetzte. Im Gegensatz zu den meisten
anderen Privatiers der damaligen Zeit,
lagerte Terra seine Renner später ein,
anstatt sie für wenig Geld zu
verramschen.
- Symbolic
kostete es in den letzten beiden Jahren
viel Überredungskunst und vermutlich
ebensoviel Geld, um dem bodenständigen
Italiener seine beiden Wagen
abzuschwatzen. Ein Erfolg, nicht nur für
die geschäftstüchtigen Amis: Jetzt
werden die beiden Dino wieder einer
breiten Öffentlichkeit zugänglich
gemacht, schließlich ist Symbolic
regelmäßig bei entsprechenden Events
vertreten und präsentiert sein Angebot.
Für den
deutschen Ferrari-Touristen war der eher
unscheinbare 500 TR s/n 0652MDTR interessant: Ihn
hat die rheinische Rennsportlegende Wolfgang Graf
Berghe von Trips einmal in einem Rennen bewegt,
fernab der Heimat beim kubanischen Grand Prix
1957.
Und dem kundigen
Besucher aus deutschen Landen kamen womöglich
der 250 GT TdF s/n 1141GT und der 500 TRC s/n
0706MDTR bekannt vor: Beide Autos hatten lange
Jahre in Deutschland zugebracht, bevor sie den
Weg in die Vereinigten Staaten antraten.
- Aber auch die
Fans moderner Ferrari wurden nicht
enttäuscht: Kein Geringerer als der 333
SP s/n 019, das Sieger-Auto der 24
Stunden von Daytona und der 12 Stunden
von Sebring 1998, wurde angeboten. Sein
Eigentümer und Fahrer, Gianpiero
Moretti, hatte sich von dem Auto
getrennt, nachdem er mit diesen beiden
Siegen seine erfolgreiche Karriere
gebührend beendet hatte. Auf diese Weise
scheint gesichert, daß dieser 333 SP
einschließlich der Lackierung und der
Aufkleber von der technischen Abnahme so
erhalten bleibt, wie er ist.
-
- Etwas älter,
aber keineswegs leistungsärmer, war der
126 C4 s/n 074, mit dem Alboreto 1984 den
Grand Prix von Belgien gewann, der damals
in Zolder stattfand. Außerdem zu sehen:
Der 512 BB LM s/n 44023, Beispiel für
das, was Ferrari in den frühen 80er
Jahren für den Kundensport tat.
- Es empfiehlt
sich übrigens, im Showroom der SMC ein
paar Stufen nach oben zu gehen, denn
dabei passiert man nicht nur einige
sehenswerte Stücke automobiler Kunst,
wie Skulpturen und Gemälde, sondern hat
die Möglichkeit, einen herrlichen Blick
von einer Empore hinunter in die Halle zu
werfen. Diese Perspektive wird einem
wahrlich nicht oft geboten - ganz zu
schweigen davon, wie selten bis einmalig
die Autos ohnehin schon sind.
Natürlich
gibt es neben den erwähnten Autos noch andere im
Schauraum von Symbolic zu sehen. Und es wird noch
besser: Einige Meilen entfernt beitreibt die
Symbolic Motor Car Company eine Werkstatt, in der
nicht nur Rolls-Royce und Bentley gewartet,
sondern außerdem Ferrari restauriert werden. Auf
Anfrage wurde mir der Besuch dieser geheiligten
Stätte gewährt. Dort angekommen, verschlug es
mir erneut die Sprache. Da stand ein 375 America
s/n 0337AL mit einem Aufbau von Vignale, wie es
ihn nur ein einziges Mal gegeben hat.
Der Wagen hatte
Jahrzehnte in einer Scheune zugebracht und
wartete nun auf seine längst fällige
Restaurierung. Gesäumt wurde er während dieser
Ruhephase von dem 342 America s/n 0234AL aus dem
Erstbesitz von König Leopold von Belgien und dem
410 Superamerica s/n 0713SA, wie er ebenfalls nur
einmal gebaut worden war.
Auch diesen beiden
Ferrari soll bei Symbolic neuer Glanz verliehen
werden. Zu guter Letzt sei der 512 M s/n 1044
erwähnt, der aus der Kollektion des Römers
Fabrizio Violati nach Kalifornien gekommen war.
Auch er wartete darauf, in besseren Zustand
versetzt zu werden.
Allerdings mußte
er sich hinter den drei anderen Autos anstellen,
denn die waren vor ihm da. Und weil Qualität
groß geschrieben wird, beschäftigen sich die
Mechaniker nie mit vielen Autos gleichzeitig. Zum
Zeitpunkt meines Besuches war gerade der 250 GT
s/n 0425GT kurz vor der Vollendung. Dieses Auto
wird von vielen Experten als der Prototyp des 250
GT Competizione LWB Tour de France
angesehen.
- Die passenden
Worte zum Abschluß zu finden, ist an
dieser Stelle nicht ganz einfach,
schließlich kann man nicht einfach die
Öffnungszeiten eines Museums nennen und
die Empfehlung aussprechen, einmal
hinzugehen. In erster Linie ist die SMC
schließlich ein Autohändler. Aber wie
gesagt, fachkundige Fans, die sich an den
ausgestellten Pretiosen erfreuen
möchten, sind in La Jolla jederzeit
willkommen.
Gregor Schulz
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